Gästebuch

Hallo liebe Freunde, MitarbeiterInnen, Familien und BesucherInnen,
auf dieser Seite habt Ihr die Möglichkeit, Erfahrungen mit unserer Gemeinschaft zu teilen oder einfach nur mal Hallo zu sagen.
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Ganz liebe Grüße
Die Seniorinnen
1 Eintrag
Glücksfall Holzhaus
2017 im Frühjahr erfuhr ich über eine Freundin, dass im "Holzhaus" ein Platz frei ist. "Das wäre doch was für Deine Mama." Ich war skeptisch, denn meine leicht demente Mutter lebte zu dieser Zeit in Düsseldorf und ich wollte sie sowieso nur ungerne verpflanzen. Doch wenn dieser schwere Schritt nötig ist, dann sollte sie wenigstens direkt in Gießen unterkommen, damit ich kurze Wege habe. Ich habe mir daraufhin alle Altenheime in und um Gießen angeschaut und mir immer versucht, meine Mama dort vorzustellen - vergeblich. Schließlich fuhr ich doch nach Ettingshausen. Das "Holzhaus" fand ich schnell, denn das freundlich gestaltete Haus ist tatsächlich aus Holz gebaut und es steht auch noch im "Holzweg 16". Überall Blumen, ein liebevoll gestalteter Garten mit Sitzecken in der Sonne und im Schatten, Blumenbeete, Beerensträucher, ein Teich, eine Kräuterspirale, Hochbeete, der Holzvorrat für den Kamin, ein Sandkasten für Besuchs-(enkel)-Kinder und zwischendrin kleine und größere Kunstwerke vorwiegend aus Keramik, die dem Garten eine ganz eigene Note geben. Es gibt schon außen überall etwas zu gucken. Im Haus geht es genauso weiter. Es riecht nach selbst gebackenem Kuchen, ein träger Kater schaut mich fragend an, die Bewohnerinnen sitzen um den großen Küchentisch und schälen Kartoffeln. Und schon bin ich mitten drin in der Seele des Hauses: einer großen Wohnküche mit einem Holzofen, der auch an kühlen Sommertagen für behagliche Wärme sorgt. Die Damen begrüßen mich freundlich und fordern mich auf, mir alles in Ruhe anzuschauen. Ich fühle mich sofort wohl in dieser kleinen Runde. Auf einem Tischchen neben der Terrassentüre brennt eine Kerze, dahinter das Foto einer älteren Dame und ein frischer Blumenstrauß - die Dame ist verstorben, ihr Zimmer bereits geräumt. Ich schaue es mir an. Weiße verputze Wände, Holzfenster und Holztüren, ein direkter Zugang zum Garten, ein Pflegebett, ein Schrank, ein Sessel mit Aufstehhilfe und ein Bett-Tischchen. Alles kann genutzt werden - muss aber nicht. Die Zimmer dürfen privat eingerichtet und gestaltet werden und wenn noch was fehlt, dann kümmert sich der Hausmeister. Er repariert, was kaputt ist, hängt Gardinenstangen, Regale und Lampen auf oder ab, installiert den Fernseher und sorgt für zusätzliche Bretter im Kleiderschrank. Nach getaner Arbeit speist er selbstverständlich mit den Damen am Küchentisch und genießt das "Hahn-im-Korb-Sein".
Pläne schmiedend, wie ich das Zimmer einrichten könnte, gehe zurück in die Wohnküche.
Hier spielt sich das Leben ab. Es wird gekocht, gebacken, die Wäsche sortiert und gefaltet, der Holzofen bestückt, der Kater versorgt, das Radio bedient, die Blumen gegossen und, und, und. Massage-Sessel laden zum Entspannen ein, es gibt ein gemütliches Sofa und ein Regal voll mit Spielen und Büchern. Die Bewohnerinnen sitzen häufig an dem großen Küchentisch - nicht nur zu den Malzeiten. Wer möchte und noch kann, hilft mit und schält und schneidet Gemüse, Kartoffeln oder Obst. Täglich wird frisch gekocht und ganz nebenbei auch noch ein Kuchen für den Nachmittagskaffee gebacken. Selbstverständlich werden die Bewohnerinnen gefragt, was sie gerne essen möchten. Morgens und nachmittags gibt es Programm. Die geschulten Betreuerinnen planen Freizeitaktivitäten und bringen dabei ihre Begabungen mit ein. Die eine spielt gut Gitarre und singt gerne, die nächste hat ein Händchen fürs Erzählen, eine andere überrascht mit immer wieder neuen und originellen Einfällen für Tisch- und Fensterdekoration, wieder eine andere spielt leidenschaftlich und hat ein gutes Gefühl, welches Spiel gerade die Stimmung der Damen trifft und manchmal hören alle gemeinsam Radio. Ein großer Fernseher ist im zweiten Wohnzimmer untergebracht und kann für gemeinsame Fernsehabende genutzt werden.
Zwischenzeitlich ist der Pflegedienst gekommen - auch hier ist die Stimmung außergewöhnlich familiär. Es wird gescherzt und gemeinsam gelacht und ganz nebenbei gesundheitlich versorgt.
Ich bin überzeugt von der Atmosphäre, die im Holzhaus herrscht und unterschreibe eine Woche später den Probewohnvertrag für meine Mutter.
Einige Zeit später war es dann soweit. Ich hatte das Zimmer eingerichtet, Gardinen aufgehangen, Blumentöpfe auf die Fensterbank gestellt und bin dann nach Düsseldorf gefahren, um meine Mutter und die noch fehlenden persönlichen Dinge zu holen. Wir sind empfangen worden wie alte Bekannte. Es gab Kaffee und Kuchen zur Begrüßung, die Damen haben sich vorgestellt und meine Mutter sofort in die Runde integriert. Ihr Heimweh dauerte 2 Wochen. In dieser Zeit sind wir beide gut betreut worden. Meine Mutter im Holzhaus und ich durch regelmäßige Anrufe vom Pflegedienst und auch vom Betreuungspersonal. Nach 4 Wochen hat meine Mutter den Dauermietvertrag unterschrieben - "Danke, dass Du mich hergeholt hast - hier ist es so schön!" Dieser Satz von ihr hat die Richtigkeit meiner Entscheidung bestätigt. Meine Mutter ist im Holzhaus noch einmal glücklich geworden, denn sie hat hier eine große Familie gefunden.